Naturschutz tut not, im Barnim ist alles im Lot.

Als wir weise Menschen (nichts anderes heißt homo sapiens) noch im Einklang mit der Natur, mit und von der Natur gelebt haben, etwa als Jäger und Sammler, da waren Natur- und Artenschutz kein Thema. Diese Vokabeln gab es noch nicht. Mutter Natur hat die Eingriffe des Menschen - es waren ja kaum mehr als Kratzer - locker weggesteckt und ausgeglichen. Später, das begann im Mittelalter und mit der Entwicklung einer sog. Zivilisation, haben die Menschen der Natur richtig tiefe Wunden zugefügt, zunächst noch lokal begrenzt. Ein großer Teil dieser Wunden ist inzwischen verheilt. Mütter halten eine Menge aus! Manchmal sind noch die Narben zu sehen, aber keine Tier- oder Pflanzenart war in Gefahr. Überall herrschte in der Natur Gleichgewicht. Aber dieses Gleichgewicht war bald erheblich gestört. Zuerst hat das ein Forstmann festgestellt und den Begriff Nachhaltigkeit erfunden, vor 300 Jahren. Das war sehr praktisch gedacht, aber praktisch nur Theorie. Seit einigen Jahrzehnten, etwa seit vier Generationen à 30 Jahre, treiben wir - der homo non sapiens - weltweit Raubbau an der Natur. Das hat mit Naturschutz und Nachhaltigkeit nichts zu tun.

In England gibt es kaum noch Wald, die weltumspannenden großen Ur- und Regenwälder werden immer kleiner und die Müllhalden - in Afrika, in Asien, in Amerika, nicht nur auf Haiti, und in Europa nicht nur in Neapel, auch auf Mallorca - werden immer höher. Die Flüsse und Seen werden weltweit immer schmutziger, von Ausnahmen - sogar in Mitteleuropa - mal abgesehen. In Athen und Hongkong und Mexico City und noch vielen anderen großen Städten ist die Luft zum schneiden dick. Um dort atmen zu können braucht man zuweilen eine Atemschutzmaske. Gesund ist solche Luft nicht. Unsere Meere, besonders die kleinen Meere, sind weltweit voll von Müll und Wracks und Kriegsgerät und - als Ausgleich? - fast leergefischt. Selbst der Hering ist inzwischen knapp! Damit wird die Natur allein nicht mehr fertig, zumal wir sie weiter über Gebühr ausbeuten und überlasten. Das haben ein paar tausend Menschen - von sieben Milliarden - erkannt und den Naturschutz erfunden. Diese Leute, allesamt hochstudiert und kenntnisreich, haben sogar eine eigene Sprache erfunden, die an Klarheit und Deutlichkeit keine Wünsche offen läßt. (siehe unten, Zusammenfassung). Sie sagt den Politikern, daß wir gegensteuern müssen. Die Politiker sagen es weiter, in ihrer Sprache, jeder sagt es dem anderen, aber kaum einer sorgt dafür, daß etwas passiert, besonders nicht im eigenen Land. Vor einigen Jahren haben ganz kluge Leute gar Verfahren erfunden, mit denen man sich von Umweltsünden freikaufen kann, sogar von noch gar nicht begangenen. Da kann man sich z.B. CO2-Emissionsrechte kaufen und Flüsse und Meere ganz bewußt verschmutzen - wenn man dafür bezahlt. Gerade im Dezember 2012 ist wieder einmal so ein Emissionshandelsskandal ruchbar geworden. Das ist wie weiland der Ablaßhandel des Herrn Tetzel zu Luthers Zeiten. Da konnte man sich das Recht auf einen Mord kaufen. Wald verbrennen ist Völkermord - aber den Mördern, gewissenlosen Profiteuren, passiert nichts. Die Sache wird immer komplizierter. Überall ist die Natur am Ende. Erschwerend gibt es nun noch den Klimawandel.

Der Wandel des Klimas ist ein noch wenig erforschtes Naturgesetz, mit dem die Menschen seit Jahrtausenden leben. Warm-, Kalt- und Eiszeiten, Dürren und Hochwasser, das sind periodisch wiederkehrende Ereignisse. Entscheidenden Einfluß haben hier die Sonne, der Mond und die Neigung der Erdachse. Die Einflüsse sind zudem alle veränderlic, periodisch, langfristig - aber wirksam! Nun kommt noch der Einfluß des Menschen selbst dazu.

Es gibt Leute, die der Meinung sind, der Klimawandel wäre in erster Linie menschengemacht und kann also auch vom Menschen gesteuert werden. Tausende Wissenschaftler parlieren schon seit 30 Jahren über Klimawandel und reden ganz gescheit über Nachhaltigkeit und neue Konzepte und Anpassung. Sie sind sich alles andere als einig. Die Ursachen des Klimawandels, was kann man dagegen tun, kann man überhaupt etwas tun und wie muß man sich anpassen - darüber wird heftig gestritten. Jeder empfiehlt - je nach Auftraggeber - Maßnahmen aus einer anderen Schublade. Es sind auch welche dabei, die man später vielleicht bereut. Es gibt einfach zu viel Wandel und damit Unsicherheit. Auf Unsicherheit und Nichtwissen will man sich einstellen. Das ist aber schwierig. Damit trotzdem nichts schlechtes passiert sollen in erster Linie Maßnahmen her, die man später ganz sicher nicht bereuen muß. Das sind die sogenannten "no regret- Optionen" Die Klima- und Umweltforscher gehören - abgesehen von den Energiekonzernen - zu den wenigen, die vom Klimawandel gut leben. Es gibt auch welche, die nur befristete, schlecht bezahlte "Jobs" haben. Die leben nicht so gut. Alle werden vom Steuerzahler dafür bezahlt und manche für gute, aber auch recht skurrile Ideen gut belohnt. Ich habe einige von ihnen auf der "Nationalen GLOWA-Konferenz" im Oktober 2009 in Potsdam gehört und kennengelernt.(GLOWA steht für GLobaler WAndel). Damals ging es um die Vorbereitung eines Klimagipfels in Kopenhagen. Was ist herausgekommen? Die Klimaforscher lieben es zu beobachten, zu messen, zu evaluieren und benchmarken und zu postulieren und zu modellieren und, und ... Dafür fliegen sie fleißig um den Globus. Verändert haben sie nichts, fast nichts. Im Dezember 2012 ist gerade wieder ein weltweiter sog. "Klimagipfel" geplatzt. Die Anpassung der Handlungskonzepte an den beschleunigten Klimawandel - hier wurde der Begriff "klimaplastischer Naturschutz" erfunden - funktioniert nicht. Wer immer noch glaubt, im Elfenbeinturm sitzend etwas verändern zu können, etwa durch "adaptives Management" - und uns das allen ernstes einreden will - der ist zu vergleichen mit dem Menschen, der sich vom Hochhaus stürzt und, an der zweiten Etage vorbeifliegend, meint: "Bis hierher ist alles gut gegangen, aber nun muß ich was tun". Da unten wartet kein Sprungtuch! Daß etwas getan werden muß ist unstrittig. Fangen wir an! Jeder an seinem Platz!

Wir hier im Barnim sind diesbezüglich auf einem guten Weg - jedenfalls meint das der Landrat. Dabei spricht er mit sonorer, Vertrauen heischender Stimme von Stoffstrommanagement und Nullemissionsstrategie und von Energiewende. Das sieht praktisch so aus: Wir bezahlen - aus Steuergeldern versteht sich - eine Barnimer Energie-Gesellschaft (BEG mbH). Das ist schon mal ein schönes Aushängeschild. Mangels konkreter Aufgaben - die kreiseigenen Photovoltaikanlagen betreut ja der Netzbetreiber E.ON und das Eberswalder Holzkraftwerk HOKAWE konnte man nicht kaufen - warten nun vier Mitarbeiter der GmbH auf Leute, die von ihnen beraten werden wollen - vorzugsweise zum Nulltarif. Die sollen dann fleißig in Anlagen investieren, die erneuerbare Energien nutzen.

Gemeint sind Wind, Sonnenlicht, Wasserkraft und Biomasse. Wenn es dann ernst wird, dann müssen natürlich Profis ran. Ich frage mich: Warum nicht gleich? Zur Biomasse gehört das Holz. Wir holzen Wald ab in Größenordnungen, auch zur besten Brutzeit. Artenschutz scheint im Wald eine untergeordnete Bedeutung zu haben. Das Holz verfeuern wir mit einem Wirkungsgrad von weniger als 30% im HOKAWE - jedenfalls solange es nicht endgültig pleite ist und solange es noch Holz gibt. Wo einmal Bäume standen, dort werden dann - vielleicht! - Straßen gebaut, die niemand braucht - bei uns heißt diese Straße B 167 neu - oder riesige Photovoltaikanlagen aufgestellt, weil der Sonnenstrom gutes Geld bringt. Zukünftig wird es noch mehr große Windräder geben, auch im Wald. Das ist gut für die Erholungsfunktion des Waldes und natürlich für den Vogelschutz. - unsere Touristen mögen das! Gleichzeitig sind die meisten Dächer frei von Solarmodulen. Unsere europäischen Nachbarn sind noch nicht so weit wie wir. Sie setzen auf billigen Atomstrom. Die Atommeiler verkaufen wir ihnen gern! Wir selbst sitzen mit mäßig fließenden erneuerbaren Energiequellen mittendrin und verzichten auf eigenen Atomstrom. Wir sind ja umweltbewußt und wegen der Sicherheit und wegen des radioaktiven Mülls. Zudem drohen in Deutschland Taifune und Tsunamis und Flugzeugabstürze. Die Berliner verfeuern Holz, das von weit her kommt, in Klingenberg und im Kraftwerk West. Wenn es dann nicht reicht - und es reicht nicht! - dann kaufen wir den (Atom-) Strom von den Nachbarn. Strom sparen - was ist das? Das geht doch gar nicht, jedenfalls nicht wirklich, ist aber gut für die Werbung, besonders die Werbung der Baubetriebe, die unsere Häuser für gutes Geld warm einpacken wollen. Auch die Energiekonzerne wollen nicht wirklich, daß wir Strom und Gas sparen - sie wollen doch immer mehr verkaufen, um immer mehr Profit zu machen. Wer wirklich spart, auch solche Leute gibt es, der wird mit Preiserhöhungen bestraft - weil doch der Sonnenstrom so teuer ist!

Es geht aber nicht nur um Energie. Schließlich haben wir das Ziel der Eigenerzeugung unseres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen im Barnim fast erreicht. Es geht uns auch um eine lebens- und liebenswerte Umwelt. Hier sind wir "Spitze".

In Eberswalde kanalisieren wir die Schwärze naturnah(!) mit Spundwänden und bauen eine Promenade am vergifteten Finowkanal, damit es wenigstens am Ufer schön aussieht und weil es ja dafür Fördermittel gibt. Dazu mußten wir natürlich den alten Baumbestand roden. Eberswalde nennt sich - bescheiden versteht sich - Waldstadt. Am neuen Autobahnkreuz "Barnim" steht kein Baum dem freien Blick über die Barnimer Feldmark - Naturpark - und die Baustelle im Wege.

Besonders abgesehen haben wir es auf alte Alleebäume, weil die immer so schnell an den Autos vorbeirasen. Das ist ganz gefährlich! Hier haben wir einen Vorreiter in Sachen Sicherheit und Baumschutz, gar einen Dezernenten, Träger des (negativ-) Ordens "goldene Kettensäge".

Satzungen, die unseren Baumbestand wirksam schützen, haben wir immer noch nicht. Der Ordensträger braucht dafür noch mehr Zeit! Das hat er im November 2012 so gesagt. Die vergangenen fünf Jahre haben nicht gereicht! Das hat er so nicht gesagt. Die Sache scheint kompliziert! Bei so einer Satzung geht es ja auch in erster Linie nicht um Baumschutz, sondern um Einnahmen von den Bürgern für sog. Ersatzpflanzungen, die jedoch den verursachten Schaden niemals ausgleichen können. Wenn wir ein wirksames Satzungswerk hätten, dann, da kann ich uns beruhigen, würde sie im Wald und für Alleen nicht gelten. Sie gilt nur auf unseren Privatgrundstücken. Da kann man kassieren.

In jedem Jahr ist es eine dicke Schlagzeile wert: "Der Winter kann kommen, wir sind vorbereitet". Unter dieser Überschrift kann man dann lesen, daß tausende Tonnen Streusalz eingelagert wurden und nun ausgebracht werden können. Damit geht es dann auch bei den ersten Schneeflocken gleich los! Die Leistung des Winterdienstes wird abgerechnet in verbrauchten Tonnen Streusalz und in gefahrenen Kilometern der Streufahrzeuge. Daraus ergibt sich dann im Frühsommer eine neue Schlagzeile, unter der wir lesen können, wieviel Bäume jetzt gefällt werden müssen, weil sie das Streusalz nicht vertragen haben. Leider kostet die Pflege der restlichen Bäume, die noch stehengeblieben sind, einigen Aufwand, auch ist Sachkenntnis erforderlich. Mit letzterem hapert es. Weil außerdem das Geld knapp ist wissen sich die Bauhofleiter zu helfen. Im ersten Jahr bleiben die Stämme und ein paar dicke Äste stehen. "Wir können doch nicht jedes Jahr schneiden!" oder "Wir haben "auf Kopf" geschnitten!". Das vertragen auch die vitalsten Bäume nicht und müssen - "das tut uns aber sehr leid!" - nun im zweiten Jahr gefällt werden - wegen der Verkehrssicherungspflicht. Wenn dann die Straße baumlos ist, dann pflanzen wir im dritten Jahr medienwirksam - wir freuen uns bei solchen Gelegenheiten immer den Landrat oder seinen "Vize", den Ordensträger, zu sehen - eine neue Allee, jedenfalls wird die Reihe dünner Bäumchen schon so genannt. Bezahlt wird aus dem Ersatzpflanzungsfonds. Das ist Geld der Bürger. Darauf ist der Vizelandrat ganz scharf. Aber auch die Bürgermeister und Amtsdirektoren haben inzwischen gemerkt, daß da Geld zu holen ist. Wir werden deshalb bald viele sog. Baumschutz - Satzungen haben. Ob das den Bäumen gut tut? Lassen wir uns überraschen!

Das alles "begleitet" unsere untere Naturschutzbehörde (UNB), die - wie praktisch! - ein Anhängsel der Straßenbaubehörde ist, dieser direkt unterstellt. Das funktioniert so: Wenn der Straßenbau meint, daß z.B. in Panketal 35 Linden gefällt werden müssen, um eine Straße grundhaft auszubauen, darf die UNB - nicht ohne Gutachten versteht sich! - beantragen, drei davon stehen zu lassen, vielleicht sogar fünf! Das ist doch ein Erfolg! Immerhin können wir sagen, daß die UNB integriert war. In einer empfehlenswerten Schrift °) der FH Eberswalde kann man auf S. 170 lesen: Bei der Beeinflussung der Landschaftsentwicklung ist es (Zitat) "wichtig, zunehmendes managementrelevantes Nichtwissen angemesen zu integrieren" (Zitat Ende) Wir haben bewiesen, daß wir wissen, wie man so etwas macht. Uns im Barnim muß um den Naturschutz nicht bange sein!

Zusammenfassung:
Die Notwendigkeit der Realisierung eines Konzepts der nachhaltigen Entwicklung bedeutet, daß konventionelle Paradigmen des Ökosystemmanagements derart zu hinterfragen sind, daß eine permanente Anpassung der Strategien an die sich rasch verändernden Rahmenbedingungen möglich wird. Ziel der Idee eines kooperativen Promotionsprogramms klimaplastischer Naturschutz ist es, nachhaltige Konzepte und Strategien zu erforschen, die einen modernen Naturschutz unter den Bedingungen des beschleunigten Umweltwandels - adaptives Management - gewährleisten.

Zum Schutz von Ökosystemdienstleistungen und zur Bewahrung der Biodiversität kommt es zukünftig darauf an, die Potentiale der Ressourcen zu analysieren und auf allen Ebenen ökonomische Instrumente einzusetzen, um das Leitprinzip der verursachergerechten Zuordnung der Kosten durchsetzen zu können.

Ein systemisch-dynamisches Verständnis muß Synergieeffekte und Rückkopplungen angemessen berücksichtigen. Alle Instrumente sind von den Akteuren der Administration konsequent und effizient zu nutzen. Nur so kann Naturschutz wirkungsvoll sein. Alles klar?

Für diejenigen, die das möglicherweise doch nicht so ganz verstanden haben - die Sprache der Wissenschaft ist für viele sicher etwas gewöhnungsbedürftig - hier noch eine Zusammenfassung in deutscher Sprache:
*Schonender Umgang mit der Natur erfordert, unsere Kenntnisse und Erfahrungen über das Zusammenwirken aller Lebewesen in der Natur immer wieder zu prüfen und zu korrigieren und dafür zu sorgen, daß die Artenvielfalt durch Veränderungen und Eingriffe von außen keinen Schaden nimmt, funktionstüchtig und im Gleichgewicht bleibt. Soweit die Natur zum Wohle des Menschen in Anpruch genommen wird, muß das, was ihr genommen wurde, auch wieder zurückgegeben werden und zwar von denen, die sie in Anspruch genommen haben. Es gilt, das Verursacherprinzip durchzusetzen. Das muß Inhalt und Ziel allen staatlichen Handelns sein. Die Einflußnahme des Menschen muß sich den immer schnelleren und größeren Veränderungen, auch dem Klimawandel, anpassen und jedenfalls umwelterhaltend sein.

°) Pierre L. Ibisch, Stefan Kreft & Vera Luthardt (Hg., 2012): Regionale Anpassung des Naturschutzes an den Klimawandel: Strategien und methodische Ansätze zur Erhaltung der Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen in Brandenburg. Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (FH) (ISBN 978-3-00-038210-9)