Suboptimal *) ist gut - oder was man sonst noch so alles vom Landrat lernen kann

 

So eine Kreistagssitzung ist schon eine interessante Veranstaltung, sicher nicht nur im Barnim. Herr Urban Priol - Sie kennen den Mann im weißen Kittel als Chef der "Anstalt" - hätte seine helle Freude an den Anregungen für sein politisches Kabarett, wenn er sie denn hören könnte. Die Debatten sind beredter Ausdruck einer politischen Kultur, von der sich jeder selbst ein Bild machen sollte.suboptimal

Am 25. September 2013, noch außerhalb der Tagesordnung und unter klarer Mißachtung der Geschäftsordnung, durfte sich zunächst ein Abgeordneter einer sog. Volkspartei (26% Stimmenanteil bei der letzten Bundestagswahl) in einer längeren Rede darüber beschweren, daß ein anderer Abgeordneter ihn auf seiner homepage kritisiert hat. Der Redner ist für seine verbalen Entgleisungen im Kreistag allgemein bekannt. Selbst die durchaus maßvolle Kritik hat ihm nicht in den Kram gepaßt. Er hat gar eine Entschuldigung gefordert, aber er mußte wohl zur Kenntnis nehmen, daß es Leute gibt, die sich von ihm nicht alles gefallen lassen. Dumm gelaufen Herr Dr. sc.agr., man kann auch sagen suboptimal.

Hauptthema der Bürgerfragestunde war die sog. Kunststoffrecyclinganlage in Blumberg, zutreffender wäre wohl die Bezeichnung Plasteflaschenmüllhalde. Vertreter einer Bürgerinitiative stellten Fragen wie z.B.: Wie war es möglich, daß die Anlage an diesem Standort, gewissermaßen im Ort, überhaupt genehmigt wurde? Wie hat die Kreisverwaltung auf die drohenden Gefahren, insbesondere die Brandgefahr reagiert? Während die zuständige Dezernentin versuchte, sich aalglatt um Antworten zu drücken - die Anlage wäre ja immisssionsschutzrechtlich genehmigt, auch der Standort, es gäbe ja gar keine Gefahr und außerdem sei der Kreis gar nicht zuständig - räumte der Landrat selbst zum Standort schließlich ein, daß der suboptimal wäre - immerhin! Suboptimal wurde zum geflügelten Wort des Abends.

In der Fragestunde der Abgeordneten ging es u.a. auch um Auskünfte, die zum Zuständigkeitsbereich des staatlichen Schulamtes gehören. Prompt antwortete der zuständige Dezernent nicht, sondern verwies den Fragesteller an das Schulamt . Erst bei der Nachfrage, ob denn die Kreisverwaltung mit dem Schulamt zusammenarbeite, dämmerte es dem Mann, daß er sich wohl nicht so ganz korrekt verhalten hat und fand sich bereit, die Auskünfte nachträglich einzuholen. Später - es ging erneut um Bildung - mußte dann der Landrat persönlich aushelfen - als "Ersatzdezernent", wie er sich ausdrückte. (Der zuständige Dezernatsleiter ist noch neu und nur kommissarisch tätig.)

Inhaltlich ging es in erster Linie natürlich ums liebe Geld. Zwar hatte der Kreistag im Februar - gegen den Willen des Landrats - den Beschluß gefaßt, den kommunal geleiteten Schulen zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, damit dank einheitlicher Austattung aller Schulen die Bildungschancen für alle Schüler gleich sind, aber nun hat sich der Landrat eine Richtlinie schreiben und absegnen lassen, in der drinsteht, was unter gleicher Ausstattung zu verstehen ist. Ergebnis: Für das Geld dürfen de facto nur interaktive Tafeln, sog. whiteboards, angeschafft werden. Sie gelten nach Auffassung des Landrats und der ihn stützenden Kreistagsabgeordneten gewissermaßen als Paradigma für qualitativ hochwertigen Unterricht. Etwas anderes geht scheinbar gar nicht mehr! Wenn eine Gemeinde meint, daß z.B. ein neues Physikkabinett oder ein Chemieraum wichtiger wäre, dann soll sie das gefälligst selbst bezahlen. Basta! Das Wort basta hat er aber nicht gesagt, es schwebte nur so im Raum. Die Abstimmung dann verlief für den Landrat ganz nach Wunsch - man hat ja seine Leute! Für die kommunal geleiteten Schulen ist das Thema damit - leider - nicht so gut gelaufen, man kann wieder sagen suboptimal. Der Landrat fand das jedoch gut.

Bei einer der Beschlußvorlagen ging es dann um das neue, länderübergreifende Buskonzept für den Niederbarnim, speziell in den Gemeinden Ahrensfelde und Panketal. An diesem Konzept arbeiten Fachleute (?) der Kreisverwaltung seit 2010, also seit fast drei Jahren. Alle sind sich einig: ein neues gutes Konzept ist wichtig. Was jetzt vorliegt ist nicht wirklich gut. Niemand bestreitet das. Es liegen Vorschläge auf dem Tisch, die zu deutlichen Verbesserungen führen. Angeblich sind die nicht umsetzbar. Entweder kosten sie zu viel Geld oder verzögern die Einführung des Entwurfs der Verwaltung.

Die Frage eines Abgeordneten, ob die Verbesserungen des Busverkehrs über die Äcker um Lindenberg und die Verschlechterungen in Panketal mit der Farbe des Parteibuches des zuständigen Kreisdezernenten und der Bürgermeister zu tun haben, blieb unbeantwortet. Bei solchen Fragen wird es immer etwas unruhig. Es schadet jedoch nicht, wenn man folgendes weiß: Der Dezernent in Eberswalde und der Bürgermeister von Ahrensfelde haben ein CDU Parteibuch. Der Bürgermeister in Panketal hat (nur) eines von der SPD. Aber vielleicht kriegt ja der SPD-Mann bei der nächsten Bescherung ein Zuckerli vom Gutsherren aus dem Wunderlichhaus oder von seinem Dezernenten und ist dann wieder ruhiggestellt. Zwei weitere Anfragen zur mangelhaften Arbeit des Kreisdezernenten im Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg(VBB) wurden sinngemäß so (nicht) beantwortet, dass ja nur der Grüne Kreistagsabgeordnete aus Panketal mit dem ÖPNV im Landkreis unzufrieden sei und daß die Verwaltung seinetwegen sehr viel Arbeit hat. Es kam wie vorherzusehen war: Das neue, gar nicht gute Konzept wird erst einmal realisiert. Nach einem Jahr wird geprüft, "evaluiert" (hört sich doch gut an, oder?), dann läuft es noch ein Jahr suboptimal weiter und dann kann geändert werden – d. h. das Provisorium ist für mindestens 2 Jahre festgeschrieben. Warum dann die Evaluierung? Bis dahin müssen die Senioren und die Schüler aus Panketal, für die der Bahnkundenverband eindeutige Verschlechterungen festgestellt hat, sehen, wie sie zurechtkommen. Da ist Ärger vorprogrammiert. Die ständigen Fahrplanänderungen, die endlich der Vergangenheit angehören sollten, haben dazu geführt, daß der erst vor 10 Monaten gedruckte Fahrplan jetzt nicht mehr verkauft werden kann. Da ist beim ÖPNV wohl einiges suboptimal gelaufen.

Sehr zum Leidwesen des Landrats kam der sog, "Verkauf" des Altenheims ehem. "Webers Ablage" in Finow noch einmal zur Sprache. Hinsichtlich der Weiterbeschäftigung der Frau Kerstin G. - es gibt einen allgemeingültigen Beschluß des Kreistages - wurde eben dieser Beschluß vom Landrat nicht umgesetzt, was dieser jedoch vehement bestreitet. Er behauptet gar, daß die Forderung nach (Wieder-) Einstellung der Frau G. gleichbedeutend sei mit der Aufforderung zum Gesetzesbruch. Bemerkenswert ist wohl, daß sich die Parteien, welche sich die sozialen Rechte der Arbeitnehmer auf ihre Fahnen geschrieben haben - mir fällt da spontan DIE LINKE ein - fast geschlossen die Position des Landrats gestützt haben. Das ist kein "Witz", wie es ein Abgeordneter nannte. Jedenfalls kann ich darüber nicht lachen. Immerhin haben wohl inzwischen ein paar mehr Abgeordnete begriffen, daß es wichtig ist, die Umsetzung der Kreistagsbeschlüsse zu kontrollieren, d.h. ihre vornehmste Aufgabe ernst zu nehmen. Juristisch ist der Fall zwar abgeschlossen. Der sog. Vergleich geht zu Lasten der Klägerin, die nun ihren Arbeitsplatz verloren hat. Das "Recht" des Stärkeren hat gesiegt. Trotzdem ist die Angelegenheit für den Landrat nicht so ideal gelaufen, man könnte auch hier sagen: suboptimal.

Schließlich ging es noch einmal um eine Vorlage von BVB / FREIE WÄHLER zum Problem Blumberg. Die Vorlage sah vor, daß der Kreistag den Landrat verpflichtet, daß dieser sich im Rahmen seiner Zuständigkeiten persönlich intensiv dafür einsetzt und alle Möglichkeiten ausschöpft, damit das Problem schnell gelöst und die Gefahr beseitigt wird. Alle sind sich einig, daß die Angelegenheit schnell gelöst werden muß! Nur der Landrat hat es natürlich nicht gern, wenn ihn einer in die Pflicht nehmen will. Was erdreisten sich diese Leute eigentlich, dem Landrat vorschreiben zu wollen, daß er intensiv und nachprüfbar tätig werden muß, insbesondere um Gefahren abzuwehren? Die Mehrheit der Kreistagsabgeordneten wollte dem Landrat diesen Tort auch nicht antun und lehnte die Vorlage ab. Der Versuch einiger Abgeordneter, einen Kompromiss zu finden, auf die Bürger von Blumberg zuzugehen und sei es nur, sich mit Ihnen solidarisch zu erklären, verlief im Sande. Keiner ist Schuld und handeln müssen immer die anderen, aber das kennen wir ja!

Es gibt also weiter nur den berühmten Dienst nach Vorschrift und der ist - die Leser haben es geahnt - suboptimal.

Die Debatte um das Buskonzept wirkte aber noch einmal nach. Der Landrat prägte die Formel: suboptimal, das ist gut! Damit hatte er für Heiterkeit im Saal gesorgt auch die Dezernenten sahen richtig fröhlich aus. Wir haben wieder einmal etwas gelernt. Wir konnten Summa summarum feststellen, daß der Landrat und seine Kreisverwaltung suboptimal arbeiten und suboptimale Ergebnisse zu Tage fördern. Und das nennt der Landrat dann gut. Machen wir - wie Hans (Hänschen) Rosenthal - einen Luftsprung und jubeln: Das war Spitze!

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sub - das ist lateinisch und heißt "unter"
optimus - das ist auch lateinisch und heißt "der beste"
suboptimal - immer noch lateinisch - heißt also "unterhalb des besten"
Im üblichen Sprachgebrauch wird das Wort jedoch in der Regel dann verwendet, wenn man Wörter wie "schlecht" oder "miserabel" (aus Höflichkeit) vermeiden will.